Thermophile – der feuchtkalte Lorbeerwald.

Nur wenige Gipfel von Fuerteventura kratzen die Region.

Wer den "Bosque termófilo" und seinen Zauber erleben will, der reist am besten, wie viele grosse Botaniker, nach Teneriffa. Wunderbar ausgeprägt als Studien- und Erlebnisobjekt präsentiert sich die Klimazone auf der Nachbarinsel von Fuerteventura, die nur rund 200 Km entfernt liegt. Der Mercedes Wald ein Traum von einem Lorbeerwald. Dichte Nebelschwaden ziehen durch, Feuchte wie in der Waschküche, verschwommen, intensive exotische Gerüche werden von den feinen Wassertröpfen in der Luft in die Nase transportiert. Die Geräusche durch die dichte Luft gedämpft. Alles ist wie im Märchentraum unwirklich schön. Auf Fuerteventura konnte sich diese Zone nie ausbilden. Die Thermophile Zone beginnt in Nordlagen bei 400 m in Südlagen bei 700 m Höhe und zieht sich bis auf 1.200 m hinauf und wird dort von der Zone "Montano seco" abgelöst. Eine knochentrockene Zone mit kristallklarem Himmel, das Revier der mächtigen kanarischen Kiefer.

Im Norden der Insel kratzt nur der Montaña de la Muda (689 m) bei Tindaya und der Morro de Veloso o del Convento (676 m) (660 m) über Betancuria die Thermophile, in der Inselmitte von Fuerteventura der Montaña Cardón (663 m) zwischen den Orten Pájara und La Pared. Im Süden erreicht die Zone des "Bosque termófilo" die Bergkette von Cofete, einst östlicher Kraterrand eines gigantischen Vulkankessels, die westliche Seite ist Richtung Amerika in den Atlantik abgebrochen. An der Bergkette liegt der Pico de la Mantanza (625 m), südlich des Mirador de los Canarios gelegen, südlicher der höchste Berg von Fuerteventura, der Pico de la Zarza (807 m). Wanderer oder Mountainbiker, die sich erwartungsvoll zum Gipfel aufmachen, um von dort oben den höchsten Berg Spaniens den Teide (3.718 m) auf Teneriffa zu sehen, wie er aus dem Atlantik ragt, werden meist enttäuscht. Am Gipfel Nebelsuppe, kein Pech sondern normal, denn man erreicht die Zone des Lorbeerwaldes und da ist eben Waschküche. Die tieffliegenden Passat Wolken bestimmen das Klima. Wer den Teide sehen will braucht Glück oder ein solides Wissen über das Wetter und den Nordost Passat der Kanaren.

Die Zone des "Bosque termófilo" wird auf Fuerteventura nur an steilen Berghängen, meist Vulkanklippen, erreicht. Kein Humus, zu steil, dass sich dort Lorbeerwald ansiedeln könnte. So sind in der Region Kräuter und Flechten zu finden, die vor dem Siegeszug der chemischen und pharmazeutischen Industrie hohen Wert hatten z.B. für die Farbstoffherstellung. So wertvoll, dass sich Flechten Sammler in die extremsten Klippen der Kanaren wagten, um sie zu ernten. Auf Fuerteventura kletterten Flechten Sammler in den Klippen der Westküste herum, doch die waren noch harmlos. An der Westküste von Gran Canaria, entlang dieser heute die gefährlichste Strasse Spaniens die GC-200 verläuft, stiegen Flechten Sammler in Klippen, die hunderte Meter senkrecht in den Atlantik abstürzen, ungesichert. Auch um den "Risco Faneque" mit ihren 1.027 m 7. höchste Klippe weltweit, genau 17 m höher als die Klippe "Kalaupapa" auf Hawaii. Da die Flechten in den anspruchsvollen Regionen nur langsam nachwuchsen, waren die Flechten Sammler Wanderarbeiter und zogen über das ganze Archipel.


Kanaren Salbei – Salvia canariensis.

Der Salvia canariensis ist ein Endemit der Kanaren und eine sehr alte Art der Salvia (Salbei) Gattung. Die Gewürz- und Heilpflanze ist massiv vom Aussterben bedroht. Der wunderschöne Oasis Park bei La Lajita ist nicht nur ein ganz herrliches Ausflugsziel, sondern hat sich auch der Erhaltung der Endemiten der Inseln verschrieben. Ein Projekt des deutschstämmigen Dr. Stephan Scholz, "Director de Botánica" des Oasis Park, studierter Botaniker der alten Benediktiner Universität La Laguna auf Teneriffa. Es ist sehenswert, welch herrlichen Garten Dr. Scholz bei La Lajita zum Leben erweckt hat.
Der Kanaren Salbei, Salvia canariensis, findet an den steilen Felswänden in Fuerteventura gute Bedingungen vor, liebt er doch einerseits steinigen Untergrund, andererseits kann er sich nur schwer gegen konkurrierenden Pflanzen durchsetzen, von denen er in den Felswänden keine antrifft. Er ist immergrün, erreicht eine enorme Höhe von 1 - 2,5 m und ist im unteren Bereich holzig. In der Blühte entwickelt er herrliche intensiv violette Kelche, die Bienen anlocken. Für viele überraschend es gibt tatsächlich Bienen auf Fuerteventura, Imker auf den Ebenen über Betancuria.
Der Kanaren Salbei blüht zwischen Januar und Juni. Eine ziemlich weite Spanne, aber das ist normal auf Fuerteventura. Je nachdem wann die Regenzeit kommt oder auch nicht, blühen die Pflanzen. Manchmal ein Jahr gar nicht, wenn es besonders feucht und günstig war auch zweimal im Jahr. Das ein Tourist die herrliche Blühte des Salvia canariensis ausserhalb des botanischen Gartens im Oasis Park zu sehen bekommt, ist höchst unwahrscheinlich. Er wächst an so schwer zugänglichen Ecken wie den Westwänden des Montaña Cardón (663 m). Der Vulkanfels so brüchig, dass man sich nur mit einer Winde von oben abseilen kann und tunlichst nicht in ihnen herumklettern sollte.


Magarita famara – Argyranthemum maderense.

Fuerteventura Besucher, die nur im Sommer kommen, können sich nicht vorstellen, wie grün und bunt die Insel nach der Regenzeit werden kann. Die Blüten nicht intensiv sondern richtig grell. Immerhin muss intensiver als anderen Ortes um die Bienen geworben werden, die die Bestäubung sicher stellen. Die Magarita famara, Argyranthemum maderense, ist so eine Pflanze, die in intensiven Farben blüht. Der Endemit der Kanaren, der nur auf Lanzarote und Fuerteventura vorkommt, so nicht künstlich angebaut, bildet als Busch ein intensiv gelbes Blühten Meer. Die Büsche wachsen zu metergrossen Gewächsen und wenn sie dann blühen, sticht der gelbe Blühtenteppich prachtvoll in die Augen. Die Magarita famara wurde 2011 in den Katalog der bedrohten kanarischen Arten aufgenommen. Selbstredent, dass sie schwer zu finden ist. Gewusst wo, geht es ganz leicht. Am feuchten Nordost Hang des Morro Velosa (660 m) fühlt sich die Magarita famara überaus wohl und gedeiht und blüht dort herrlich, wie auch in den windstillen, feuchtwarmen Regionen um den Montaña de los Saltos (473 m) nahe Villaverde. Um das Museum am Morro Velosa, das sich perfekt in die Landschaft duckt und von aussen wie ein kleines Haus wirkt, wurden unzählige Endemiten angesiedelt. Eine meteorologische Messstation findet sich auch am Berg wie eine biologische Observation, die Insekten zählt. Das Gebäude wurde vom international renommierten Architekten und Künstler César Manrique, gebürtig in Lanzarote, entworfen. Als Kämpfer einer Architektur, die sich harmonisch in die Landschaft einfügt ist ihm zu verdanken, dass Lanzarote von Hotelburgen verschont blieb. Auf Lanzarote wird er wie ein Nationalheiliger verehrt. Seine Kunst findet sich rund um den Globus auch am Playa de las Canteras am "La Puntilla".


Retamar codesar.

Der "Retamar codesar" ist der dritte kanarische Endemit, der auch in den raren Thermophilen von Fuerteventura zu finden ist und Erwähnung finden soll. Rein optisch ist der Retamar codesar nichts besonderes, das Gesamtbild in dem er auftritt macht es aus. Als wohlgeformter runder Busch steht er in der Landschaft und lässt viel Abstand zu seinen Nachbarn. Meist an Hängen, wo sonst nichts anderes wachsen mag. In einer feuchten Periode beginnt er intensiv auszutreiben und präsentiert sich in tiefstem durchdringendem Grün. Wenn er dann auf den Terrakotta farbenen Hängen des Vulkanes Caldera de Gairía (461 m) bei Tiscamanita spriesst, überzieht er den ganzen Vulkan mit hübschen grünen Tupfen. Ein wunderbares Bild. Der "Retamar codesar" ist überaus widerstandsfähig, trotzt Trockenheit und schafft es in Regionen bis hinauf auf über 2.000 m Seehöhe. Sehr wohl fühlt er sich im Teide Nationalpark auf Teneriffa. Dort überzieht er in rund 2.400 m Höhe Bergflanken um das Izaña Observatorium.

Die Magarita famara in feuchte Höhenlagen von Fuerteventura.

Überlebensstrategie der kanarischen Kiefer.

Wasser aus der Luft.

Überlebensstrategie der kanarischen Kiefer.

Die kanarische Kiefer ist ein Endemit der Kanaren. In verwandter Form gab es sie auch einmal in Mitteleuropa. Bei der letzten grossen Vergletscherung, dem Würm-Glazial vor 20 tsd. Jahren, kam es unter der dicken Eisdecke zu einem dramatischen Artensterben, dem auch die Kiefer zum Opfer fiel Die nächsten Verwandten der kanarischen Kiefer sind in den Bergen Koreas zu finden sowie in China.

Die Kiefer liebt die Region des "Montano seco", des trockenen Berges, die sich zwischen 1.200 m und 2.000 m bewegt. Wie jeder Besucher des Teide Nationalpark auf Teneriffa berichten kann ist es dort so trocken, das die Zunge schnell am Gaumen kleben bleibt. Der kanarischen Kiefer macht das aber gar nichts, denn mit ihren wunderschön buschigen Kiefernnadeln filtert sie die geringste Nachfeuchte aus der Luft. Fantastische und mächtige Wälder hat sie auf Teneriffa gebildet wie den "La Esperanza" Wald.

Insider Tipp

Castillo de Lara – Kanarische Kiefer bei Betancuria.

Im Naturpark "Castillo de Lara" bei Betancuria wird versucht die kanarische Kiefer anzusiedeln. Eine Wiederansiedelung ist es nicht, denn Fuerteventura wurde gegen die Überzeugung vieler Umweltaktivisten nicht systematisch analog der griechischen Inseln abgeholzt. Die Insel sah nie wie La Gomera aus. Kanarische Palme, Tamarisken und Ölbäume waren und sind das Thema auf Fuerteventura. Dass die kanarische Kiefer jemals in grosser Zahl auf Fuerteventura heimisch war ist mehr als fraglich. Und so führen jene im schönen Naturpark Castillo de Lara ein trauriges Leben. Standen sie noch 2015 prächtig und buschig dar, geben sie 2019 ein trauriges Bild ab, obwohl zwei Parkranger täglich zu Gange sind. Würde die Ansiedelung im ganzen Tal gelingen, wäre es ein weiterer paradiesischer Fleck auf der Insel. Es darf gehofft werden.

Termophyle Zone – Magarita famara – Argyranthemum maderense. Termophyle Zone – Magarita famara – Argyranthemum maderense. Termophyle Zone – Kanaren Salbei – Salvia canariensis. Termophyle Zone – Kanaren Salbei – Salvia canariensis. Termophyle Zone – Retamar codesar. Margarita de Famara in einem Vulkankessel auf Fuerteventura. Margarita de Famara in einem Vulkankessel auf Fuerteventura. Flora der Termophyle auf Fuerteventura. Flora der Termophyle auf Fuerteventura.
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