Bei der Fiesta "Nuestra Señora de la Peña", der Fiesta "Unsere liebe Frau vom Stein", dreht sich alles um die nur 12 cm grosse Alabaster Statue, die der Legende nach von den beiden Ordensbrüdern San Diego de Alcala und Fray Juan de San Torcaz, die im Kloster San Buenaventura in Betancuria lebten, gefunden wurde. Angeblich fanden sie die Statue am frühen Morgen bei einer Lichterscheinung in einer Felshöhle, dort, wo heute im Barranco de las Peñitas die Iglesia de Nuestra Señora de la Peña steht. Daher trägt die Statue auch den eigenartigen Namen "Unserer liebe Frau vom Stein". Tatsächlich dürfte sie aber vom Normannen Jean de Béhencourt 1405 auf die Insel gebracht worden sein. Die gotische Statue zeigt normannischen Stil und passt exakt in diese Zeit. Sie ist damit das älteste christliche Relikt des kanarischen Archipels das erhalten ist, denn der Portugiese Lancelotto Malocello, der bereits 1336 eine Zeit friedlich mit den Guanchen auf Lanzarote lebte, hatte wohl keine missionarischen Ambitionen. Somit hat die "Virgen de la Peña" nicht nur regionale Bedeutung für Fuerteventura sondern auch für das gesamte kanarische Archipel.
Die Fiesta "Nuestra Señora de la Peña" ist in vielerlei Hinsicht einzigartig für Fuerteventura. Es steht nicht wie z.B. bei der Fiesta Virgen del Buen Viaje in El Cotillo das Feiern im Vordergrund, sondern ganz klar der religiöse Aspekt. Und es ist die einzige Fiesta der Insel, bei der nicht nur eine Prozession stattfindet, sondern auch eine zweitägige Pilgerschaft, die von hunderten Menschen auf der Insel und von Nachbarinseln unternommen wird. Ein bis zwei Tage vor der Fiesta und der Nachtprozession, strömen aus allen Teilen der Insel sternförmig kleine und grössere Pilgergruppen nach Antigua ins Inselinnere. Entlang der Landstrassen sieht man sie, manche mit Pilgerhut und traditionell gekleidet, manche sportlich, je nachdem, wie sie ihre Pilgerschaft betreiben. Abhängig vom Tempo und wo aufgebrochen wird, sind die Pilger ein bis zwei Tage unterwegs, bevor sie abends am Kirchplatz von Antigua eintreffen. Leichtes Gepäck wird mitgeführt, denn es ist Mitte September, die Temperaturen angenehm und so wird unter freiem Himmel, in Herbergen der Gemeinde, in Garagen, die Einheimische anbieten, geschlafen. Das ist kein Problem, die Nächte sind sehr warm, Regen ausgeschlossen, Schlangen und Skorpione auf der Insel unbekannt. Eine Nacht unter freiem Himmel mit Liegematte und leichtem Schlafsack nach einem Tagesmarsch nicht das schlechteste Erlebnis.
Am Abend der Prozession vereinigen sich alle Pilger und jene, die nur zur Nachtprozession aufbrechen am Kirchplatz von Antigua. Die Prozession findet nachts statt, denn die beiden Mönche entdeckten die Virgen de la Peña der Legende nach in den frühen Morgenstunden. Am Kirchplatz geht es hoch her. Der normal ausgestorbene und ruhige Platz verwandelt sich in ein Heerlager für Pilger, einige schon lang unterwegs ruhen sich aus, andere erst frisch mit dem Sonderbus in Antigua angekommen, energiegeladen. Eine fröhliche Stimmung herrscht. Es wird musiziert und eine überraschende Anzahl an sehr jungen Canarios bevölkert den Kirchplatz. Die sehen die Pilgerschaft mehr sportlich, entsprechend gekleidet in grossen Gruppen, die Musikbox dabei. Ältere in traditioneller Tracht mit breitem Hut und der Gitarre. Das alles geht ohne Konflikte zusammen, denn in Spanien gibt es seit Jahrhunderten ein sozial ausgehandeltes Zusammenleben der Generationen.
Dann geht es in Antigua (260 m) endlich los. Die Gruppen brechen über eine gute Piste hinauf zum Morro Velosa (662 m) auf. Der Berg wird nicht ganz bestiegen. Es geht nur bis hinauf zum Pass Degollada de Marrubio (580 m). Dort teilen sich die Wege. Die Einen steigen gleich wieder über die Piste nach Betancuria (400 m) ab und strömen über die gesperrte Landstrasse FV-30 nach Vega de Río Palmas. Nur der öffentliche Sonderbus darf fahren. Andere Pilger ziehen über den Höhenkamm am Morro Velosa weiter nach Süden und steigen vor Vega de Río Palmas entweder in das Tal des Parque Castillo Lara (Piste) oder Parque Parra Medina (Wanderweg) ab. Letzteres liegt nur einige hundert Meter vor Vega de Río Palmas.
Jene, die nicht mehr gut zu Fuss sind, nehmen einen der unzähligen Sonderbusse, die Antigua verlassen und hinüber nach Vega de Río Palmas fahren. Sind alle in der Kirche von Vega de Río Palmas eingetroffen, beginnt eine nächtliche Messe. In der Kirche wird die Heiligenstatue aufbewahrt. Ihr ursprünglicher Platz in der kleinen Kapelle im Barranco de las Peñitas war irgendwann nicht mehr sicher genug. Nach der Messe beginnt die Prozession. Sie führt mit der geschmückten Virgen de la Peña hinüber ins "Palmental", den Barranco de las Peñitas, vorbei am Staudamm Presa de las Peñitas zur Iglesia de Nuestra Señora de la Peña und zur alten Felsenkapelle. Dort wird eine Andacht gehalten und nach Vega de Río Palmas zurückgekehrt.
Mittlerweile ist jeder müde und fusslahm aber glücklich dabei gewesen zu sein, denn das Ganze ist ein unvergessliches Erlebnis. Für die Einen ein tief religiöses, für Andere ein soziales, dass die Gemeinschaft gefestigt hat. Manche die z.B. in Corralejo aufbrachen, ein Schwimmclub oder die Beachvolleyball Mannschaft, hatten mehr sportliche Ambitionen, ein Gruppenerlebnis das Spass gemacht hat und geschadet hat es dem Seelenheil sicher auch nicht. Man weiss ja nie. So hat jeder etwas von der Fiesta. In Vega de Río Palmas steht eine ganze Flotte an öffentlichen Sonderbussen bereit. Jeder kommt mit. Entweder nach Antigua, wo das Auto steht, oder in den zentralen Bushub der Insel in Puerto del Rosario. Da es dann schon früher Morgen ist, muss auf einen Anschluss nach Morro Jable oder Corralejo nicht lange gewartet werden. Um 6:00 Uhr beginnt der reguläre Linienbetrieb wieder.
Die Fiesta und die Pilgerschaft "Nuestra Señora de la Peña" findet am 15. September statt, der in der Gemeinde Antigua auch Feiertag ist. Für den Bundesbürger und Österreicher etwas eigen: In Spanien haben nicht nur Provinzen, sondern auch Gemeinden ihre eigenen Feiertage. Addiert man das auf, dann ist es schon fraglich, ob Österreich und Deutschland Feiertagsweltmeister in der EU bleiben, Urlaubsweltmeister keinesfalls. Man sollte eben nur Statistiken glauben, die man selber gefälscht hat.
Los geht es vom Kirchplatz in Antigua hinauf zum Morro de Veloso o del Convento (676 m) und dann auf unterschiedlichen Route, je nach Vorliebe, weiter nach Vega de Río Palmas. Von dort führt dann eine Prozession nach der Messe in den Barranco da las Peñitas zur Kapelle Iglesia de Nuestra Señora de la Peña.
Die Fiesta "Nuestra Señora de la Peña" ist ein religiöses Ereignis. Weder sind die üblichen Fiesta Gastrostände in Antigua noch in Vega de Río Palmas zu finden. Am Kirchplatz in Antigua liegen zwei Bars, die geöffnet halten. Das war es dann auch schon. In Vega de Río Palmas hat bei der Ankunft nichts mehr geöffnet. Also heisst es, was man essen und trinken will muss mitgenommen werden. Der Supermarkt in Antigua hat ebenfalls geschlossen, da Feiertag ist. Es herrscht eine asketisch religiöse Versorgungslage.
Wer die Fiesta "Nuestra Señora de la Peña" als Pilgerschaft absolvieren möchte, der sollte sich vielleicht nach einer Gruppe umsehen, der er sich anschliessen kann. In Corralejo wird das kein Problem sein, denn von dort aus starten die meisten Pilger nach Antigua. Am besten es wird bei der Pfarre in Corralejo nachgefragt. Majoreros, vor allem richtig Gläubige, sind ungemein hilfreich und sozial und so findet sich garantiert eine Gruppe, die den einsamen Pilger mitnimmt und den Weg weisst.
Nachdem das Pilgern vor allem etwas mit Einkehr zu tun hat, ist es aber auch nicht abwegig und für manch einen interessanter alleine aufzubrechen. Der Weg ist einfach zu finden. In Sichtweite der Bundesstrassen verlaufen überall alte Pisten, entlang derer gewandert werden kann. Man wird unterwegs auch immer wieder Gleichgesinnte treffen und so man will ins Gespräch kommen.
Wer in Antigua ist und sich zu Fuss nach Vega de Río Palmas aufmacht, schliesst sich einfach irgendeiner der grossen Gruppen an, die sich spontan bilden und aufmachen. Es sollte vorher gefragt werden, welche Route gegangen wird. Die Geschwindigkeit, mit der sie unterwegs sein wird, lässt sich gut an der Kleidung ausmachen. In Tracht und mit Gitarre wird man nicht auf Zeit los sprinten.
Für den Weg über den Morro de Veloso o del Convento (676 m), den Bergkamm entlang und hinunter ins Tal, ist, so kein Vollmond angesagt wird, eine gute Stirnlampe notwendig. Der Weg hinauf zum Morro de Veloso und den Bergkamm entlang ist einfach, ein Jeepweg. Der Abstieg über das Castillo de Lara führt ebenfalls über einen Jeepweg. Jener ins Parra Medina über einen guten und nicht zu übersehenden Wanderweg. Kaum 200 Höhenmeter sind dort zu meistern, bevor es auf guter Piste weiter geht. Jede Variante ist technisch eine sehr leichte Wanderung und auch bei Dunkelheit mit einer Stirnlampe nicht das geringste Problem. Es sind nicht die Alpen, wo ein unachtsamer Wandersmann abstürzen könnte.
Jean de Béthencourt – missmutiger, gemeiner und hinterhältiger Normanne.
Der normannische Eroberer Jean de Béthencourt wird in zeitgenössischen Dokumenten seiner Weggefährten, die er nicht umschreiben lassen konnte was er gerne tat, als immer missmutiger, schlecht gelaunter und besonders gemeiner Mensch beschrieben. Das dürfte auch zutreffen, denn das Erste was er tat, als er und sein Weggefährte Gadafir de la Salle Lanzarote und Fuerteventura erreichten und sich Profite ausmalten: Er liess La Salle zurück, segelte nach Madrid und sicherte sich die Lehnsrechte und liess sich zum Gouverneur ernennen. Kalt lächelnd betrog er La Salle, servierte ihn ab. Der ging leer aus.
Doch manches scheint im Leben tatsächlich zurück zu kommen. Jean de Béthencourt wurde mit seinen beiden Lehen Lanzarote und Fuerteventura nie glücklich. Da er keine Lust hatte sie selber anzutreten schickte er Verwandte auf die Insel und verlor daher schon bald die Lehensrechte. In der Normandie zurück brach er mit dem König und diente sich den Engländern an. Seine Frau verliess ihn und irgendwann starb er verhasst und einsam auf seiner Burg. Noch nicht mal sein genaues Todesdatum fand man wert zu notieren.
Am Tag der Fiesta werden umfangreiche Sonderlinien des öffentlichen Busnetzes eingerichtet, die Puerto del Rosario, Antigua und Vega de Río Palmas bedienen. Die FV-416 und FV-30 von Antigua nach Vega de Río Palmas ist für den öffentlichen Verkehr gesperrt. Nutzen nur einen Teil der Pilger den Bus von Antigua nach Vega de Río Palmas, steigt so ziemlich jeder am Rückweg in ihn ein. Die Busse fahren ohne Betriebsschluss von Vega de Río Palmas nach Antigua und Puerto del Rosario, bis alle Pilger mitgekommen sind. Es muss also niemand Angst haben, keinen Platz zu bekommen.
Es kann viele Gründe geben, nicht des Nächtens zu Fuss über den Berg nach Vega de Río Palmas wandern zu wollen. Man ist alleine unterwegs und ängstlich, hat einen schlechten Tag oder ist einfach nicht mehr gut zu Fuss. Kein Problem, keine Schande, denn die Busse hinüber nach Vega de Río Palmas sind voll. Der Majorero hat generell eine grosse Abneigung zu Fuss zu gehen und so nimmt er den Bus, denn die FV-416 und FV-30 ist aus Norden nach Vega de Río Palmas gesperrt. Es ist nur aus Pájara aus dem Süden zu erreichen und wer im Norden lebt, für den wäre es ein enormer Umweg. Der Andrang ist so gross, dass das Busunternehmen Tiadhe, welches den öffentlichen Verkehr bedient, einen eigenen Container für den Ticketverkauf aufstellen muss.