La Pared versprüht den Charme einer etwas herunter gekommenen Ostblock Siedlung nach dem Fall des eisernen Vorhangs. Es muss leider so ganz ohne Gehässigkeit gesagt werden. Der Ort empfängt den Gast mit demolierten Strassenlampen, kaputten Gehsteigen, vertrockneten Palmen – Endzeitstimmung. Man hatte sich das, wie so oft auf Fuerteventura, ganz anders vorgestellt. Glückliche Rentner und Leute mit Geld, die einen Zweitwohnsitz unterhalten, paradiesisch an Stränden unter der Sonne verdient ausruhen. Alles mit Chic und Charme, ein Golfplatz, Tennisplatz, Reiten um die Ecke. Das sollte reichen. Daraus wurde nichts. Fuerteventura ist eben nicht Gran Canaria, wie viele nach der ersten Tourismus Euphorie feststellten. Glücksritter machten sich vom Acker, ihre Bausünden und Ruinen hinterliessen sie anderen zum Aufräumen. Nur auf Fuerteventura wird nicht abgerissen. Das ist schade.
Fuerteventura ist auf Dauer eine schwere Insel, für die Psyche und den Alltag, wenn mitteleuropäische Standards erwartet werden. Medizinische Betreuung auf dem Stand der Zeit, auch wenn das nötige Kleingeld vorhanden wäre, Fehlanzeige, wie auch Kultur und ähnliches. Wer nicht ausgeprägte Interessen auf die Insel mitbringt wie Surfen, Literatur, Botanik, Birdwatching oder schaffender Künstler ist, der gerade sein grösstes Werk angeht, für den ist Fuerteventura auf Dauer nichts. Das stellen viele fest, wenn sie ihren Wohnsitz verlegen und die Tage lang werden. Daher haben auch Siedlungen ausländischer Residente wie auf Mallorca, Gran Canaria etc. auf Fuerteventura nie eine wahre Chance gehabt. So verfallen Siedlungen wie Aguas Verdes oder der Parque de Holandes, oder werden billige Schlafstätten Einheimischer. Aber die leben dort auch nicht gerne, denn es fehlt das südländische Leben aus Cafés, Bars und ähnlichem. Sie bleiben ein Getto, egal wer dort dann auch schlussendlich wohnt. La Pared ist ein schrecklicher Ort, schlecht fürs Gemüt jedenfalls. Tourismus Websites, die Urlauber nach La Pared locken wollen, schreiben tatsächlich, manche würden meinen, "La Pared wäre der schönste Ort Fuerteventuras". Kann man ja meinen, ist er aber definitiv nicht, ganz im Gegenteil. Auch das Felsentor, einige hundert Meter vom Ort im Atlantik gelegen, der Punta de la Guadalupe, reisst da La Pared nicht raus.
Es spricht also alles dafür, La Pared so grossräumig wie möglich zu meiden, wäre da nicht am Ort der traumhafte 2 Km lange Strand Playa del viejo Rey, der Strand des alten Königs. Warum er so heisst, weiss niemand, aber er ist wahrlich königlich. Feinster Sand, ein endlos wirkender Strand eingebettet in fantastische Küstenlandschaft. Herrlich ist es am Playa del viejo Rey und man müsste meinen, hier drängen sich die Sonnenhungrigen. Nicht im geringsten. Selbst in der Hauptsaison ist es an dem Strand leer und ausgestorben. Die wenigen Besucher verlaufen sich am grossen Playa del viejo Rey. Eigenartig warum das so ist, wahrscheinlich, da ein Stück gegangen werden muss, um den Strand zu erreichen. Ganz zufahren mit dem Auto geht nicht.
Tückische Unterströmungen hält der Playa del viejo Rey leider für Schwimmer bereit. Wer ein Surfbrett unter sich hat, den kümmern diese fast nicht, nur als "Channel", denn die Strömung genutzt wird kräfteschonend das Line-up erreicht. Die Wellen am Strand sind am nördlichen Teil verlockend. Dort brechen sie an einem Riff. Beliebter Spot für Surfschulen, die dort unterrichten. Und so werden auch im sonst so ausgestorbenen Ort La Pared zwei Surfschulen, die auch einen Rental Bereich betreiben, ausgemacht.
Es gibt nur einen einzigen Grund La Pared zu besuchen: Den Playa del viejo Rey. Um dort barfuss den Strand entlang zu spazieren, in der Sonne zu liegen und die Einsamkeit und Ursprünglichkeit zu geniessen, oder ein paar Wellen abzureiten. Grund genug, einmal schnell durch La Pared hindurch zu fahren und intensiv weg zu sehen, bis der grandiose Playa del viejo Rey, der Strand des alten Königs, erreicht ist.
"La Pared" bedeutet "die Mauer". Fantasten vermuten hier eine Mauer, die zwei Inselreiche der Ureinwohner trennte. Denn tatsächlich soll eine Steinmauer an der schmalsten Stelle der Insel, am Istmo de La Pared, der von Ost- zur Westküste nur 5 Km breit ist, angeblich gefunden worden sein. Die Betonung liegt auf "soll". Reiseführer schreiben gerne davon, das macht alles einwenig spektakulärer, von Archäologen wird solches nicht vernommen. Mauern gab und gibt es tausende auf Fuerteventura. Überall. Daraus kann viel konstruiert werden, wenn nur genug Esoterik vorhanden ist. Sie dienten und dienen die halbwilden Ziegen aus den Pflanzungen zu halten.
Ein Reich südlich einer Mauer am Istmo de La Pared abzugrenzen, könnte kaum unsinniger gewesen sein. Lediglich 1.700 Majoreros lebten auf der zweitgrössten Kanareninsel. Die Ureinwohner mussten sich schon anstrengen, einem anderen Stamm über den Weg zu laufen. Noch dazu erstreckt sich südlich des Istmo de La Pared das grösste Sanddünenfeld des kanarischen Archipels. Völlig unmöglich dort als Stamm zu überleben. Eine Trennung in zwei gleiche Inselhälften, gleich nach Ertrag und nicht nach Grösse, scheint es wohl gegeben zu haben. Die Grenze verlief im Zentralmassiv und wurde von den neuen Herren der Insel am 20. Februar 1612, einen Tag vor der Fiesta in Valle de Santa Inés und der jährlichen Wahl der Schöffen, erneut urkundlich fixiert. Es gibt keine Insel der Kanaren, über die soviel Unfug und Fantastereien wie über Fuerteventura zu lesen sind.
La Pared entstand in den späten 1970iger. Eine Periode, in der im Süden der Insel der Tourismus Fuerteventuras aufblühte. Es waren auch keineswegs Schweden, wie gelegentlich zu lesen, die La Pared bauten. Der gesamte Tourismus im Süden von Fuerteventura geht auf die Aktivitäten der Stuttgarter Tourismus Pioniere Rul Bückle, Manfred Heneken und Gustav Schütte zurück, die von Gustav Winter ein Stück Land gegen vertragliche verbriefte Leistungen bekamen. Selbst die "Schwabensiedlung" unterhalb des Mirador de Sotavento an der Costa Calma, wurde durch diese Aktivitäten befeuert. Und so entstand auch der Grossteil des Bauprojektes von La Pared aus der Idee eines Stuttgarter Architekten, der dort Alters- und Zweitwohnsitze errichtete. Ab und zu kann er im einzigen Café des Ortes, im Plan B, ein schwäbisches natürlich, bei Café und Streuselkuchen getroffen werden.
Obwohl der Ort so ausgestorben ist, sind offiziell 609 Einwohner (2018) gemeldet. Ein Phänomen der Insel, denn seinen Hauptwohnsitz auf Fuerteventura zu führen, kann steuerliche Vorteile haben, aber auch viele steuerliche Nachteile, was einige etwas zu spät merken. Die Steuer in Spanien kann nämlich recht happig sein, vor allem beim Erben. Die Sonnenseite Fiskalinländer zu sein, sind die massiven Ermässigungen, die dem Residente mit Steuersitz zustehen. Verkehrsstrafen werden 50% rabbatiert, der Bus kostet einen Bruchteil, ein Flug mit Binter oder CanaryFly nach Las Palmas de Gran Canaria macht 8,- Euro einfach, der Tourist muss mindestens eine Null hinten dran hängen. Bei Fähren sieht es ähnlich aus. Residente, die ein Wohnmobil haben können einen Standplatz an einem der Strände der Gemeinde beantragen, der kostenlos ist und vieles mehr.
La Pared zu sehen ist ein notwendiges Übel, wenn der traumhaft schöne Playa del viejo Rey besucht werden, oder auf dem Felsentor Punta de Guadalupe in den Atlantik hinaus gestiegen werden soll. Am schönsten wäre es an der Küste, wenn der Schandfleck La Pared nie gebaut worden wäre. Ein Jammer, dass er nicht abgerissen werden darf.
La Pared ist auch für Urlauber, die das Wellenreiten lernen wollen, der einzige Spot im Süden, an dem zwei Surfschulen aktiv sind. Normalerweise treffen sich die Wellenreiter im Norden, im Süden sind die Kiter und Windsurfer zu Hause. Als Wellenreiter in La Pared Quatier zu machen, das macht wirklich keinen Sinn.
In La Pared wird gerade einmal wieder versucht, das grosse Ressort / Hotel in Schwung zu bringen. Ob das dem neuen Betreiber gelingt, ist mehr als fraglich. Urlaub in der Einöde fernab vom Schuss in einem Hotel ist nicht jedermanns Sache. 2018 war noch nicht so der Bringer, im vorerst letzten Boomjahr.
Gastronomisch bietet sich das Ausflugslokal am Felsentor Punta de Guadalupe und das Café Plan B im Ort an. Der Mirador de La Pared am Felsentor ist nur Touristen zu empfehlen, die hart im Nehmen sind und mit ihrem Geld recht sorglos umgehen können. Sie sollten auch kein Problem haben, den scharfen Geruch der öfter überlaufenden Senkgrube beim Essen wegzustecken. Das Café Plan B wartet mit dem Charme einer schwäbischen Imbissstube auf. Hier trifft sich der La Pared Bewohner zu Café und Kuchen am Nachmittag wie daheim bei Oma, um ordentlich auf alles und jedes zu schimpfen. Kann auch Spass machen. Wer Retro liebt oder Fan der Lindenstrasse war, der sollte unbedingt das Plan B besuchen. Nein, das ist ernst gemeint. Es hat schon was, diese Subkultur im hintersten Eck Fuerteventuras zu finden.
Da der Playa del viejo Rey gar so schön ist und auch einen passablen Break aufweist, finden sich in der Einöde von La Pared tatsächlich zwei Surfschulen, die auch Equipment verleihen.
La Pared liegt an der FV-605, die von Costa Calma nach Pájara führt. Von Costa Calma sind es kaum 10 Minuten mit dem Auto.
Mit dem Bus wird La Pared über die Linie 04, die zwischen Morro Jable und Pájara verkehrt, erreicht. Da sie auf Berufspendler ausgelegt ist, verkehrt die Linie unter der Woche nur viermal, an Wochenenden und Feiertagen nur dreimal in jede Richtung. Die Zeiten sind auf Berufstätige ausgelegt, die früh zur Arbeit oder spät nach Hause müssen. Touristen werden mit dem Fahrplan nicht glücklich.
Von Costa Calma kann recht günstig ein Taxi nach La Pared genommen werden. Ab drei Personen ist das gleich teuer wie der Bus in Summe.
Auch zu Fuss kann La Pared von Costa Calma aus erreicht werden. Die kleine Wanderung durch den Istmo de la Pared ist ein schöner Spaziergang, der wenig antsrengend ist. Im August sollte jedoch sehr früh aufgebrochen werden, da es schon vormittags extrem heiss im Istmo wird. Auch mit dem Mountainbike ist die Strecke zu machen. Wer einwenig plant kann so wandern, dass er einen Bus der Linie 04 zurück erwischt. Fahrräder werden in den grossen Gepäckräumen der Busse gratis mitgenommen wie auch Surfbretter.
Sprungschanze im Atlantik – Punta de Guadalupe.
Manch einer meint, Felsentore sind etwas besonderes auf den Kanaren. Nein, es gibt sie zuhauf, nur liegen sie meist an schwer zugänglichen Steilküsten. Anders ist das beim Punta de Guadalupe und dem Arco del Jurado. Da kann bequem mit dem Auto vorgefahren werden.
Das Besondere am Punta de Guadalupe ist, dass das Felsentor begangen werden kann. Wie eine Startbahn für Ausserirdische oder eine Sprungschanze, je nachdem, wie es gedeutet wird, ragt es in den Atlantik hinaus. Vor allem an Tagen, wenn der Atlantik so richtig stürmisch ist, mächtige Brandung aus dem Westen anrollt, ist es ein ganz besonderes Erlebnis, auf die "Schanze" des Punta de Guadalupe zu gehen. Hinaus in den Atlantik, die mächtige Brandung unter sich. Das hat was, die Energie zu spüren. Urgewalten. Zu nahe sollten Selfiefans nicht an den Klippenrand gehen. Sonst hängt an der Südseite der Klippe bald noch ein Kreuz. Wer ins Wasser fällt hat keine Chance.
Nördlich von La Pared liegt der Reiterhof "Rancho de Barranco de los Caballos" von Anke und Walter. Urlauber, die es mit dem Reiten haben, finden einen etwas versteckt gelegenen Reiterhof. Wer unvergessliche Ausritte durch die Schluchten und Küstenlinien an der Westküste des südlichen Fuerteventuras erleben will, der ist bei Anke und Walter richtig. Die Erwartungen müssen an Fuerteventura angepasst werden. Die Insel ist karg und einen Reitstall zu führen nicht sehr einfach.