El Cardón (200 m) ist ein alter landwirtschaftlicher Ort am Fusse des Montaña Cardón (694 m), in dem 130 Menschen (2018) leben. Die Zeit scheint im Ort stehen geblieben zu sein. Wenige Touristen verirren sich in den "lauschigen" Ort, mit kleinem Dorfplatz, umringt von Gavias, auf denen Männer und Frauen mit Strohhüten arbeiten. Landwirtschaft ist und war das Thema in El Cardón. Denn wie auch Pájara, die Gemeinde, zu der El Cardón gehört, ist auch dieser Ort am Zusammenflusses zweier wasserreicher Barrancos angelegt: Dem Barranco de los Tanques, der vom Montaña Cardón (694 m) und der Barranco de Bácher, der vom Montaña Redonda (437 m) hinunter fliesst. Beide vereinen sich genau im Ort El Cardón zum Barranco Tarajalejo, der Richtung Küste immer mächtiger wird und dann an der Ostküste im Ort Tarajalejo, neben dem R2 Hotel am Playa de Tarajalejo, ins Meer mündet. In Tarajalejo säumen kanarische Palmen die Ränder des Barrancos, denn auch wenn er im Sommer trocken wirkt, unterirdisch fliesst immer ein kleiner Strom, den die Palmen mit langen Wurzeln anzapfen. Die permanente Feuchte führt auch in der Sommerhitze in der Mündung des Barranco Tarajalejo zu einem recht unangenehmen Geruch, was Hotelgäste, die nordseitig im an sich schönen Hotel ein Zimmer beziehen, nicht unbedingt begeistert.
Über El Cardón führt mit der FV-618 eine schnelle Ost-West Verbindung, die von La Lajita oder Costa Calma aus gut genutzt werden kann. Sie wird fast nur von Einheimischen befahren, obwohl sie zu den schönsten Strassen der Insel zählt. Die Landstrasse steigt aus der Ebene hinauf in den Ort El Cardón und scheint dort zu enden, führt aber als schmale Strasse an der Flanke des Montaña Cardón hinauf zum Pass Degollada de las Brujas (374 m). Dort sollte unbedingt gestoppt werden, denn der Ausblick in die Berglandschaft ist herrlich. El Cardón präsentiert sich am schönsten im frühen vormittags Licht, wenn die Sonne die Gavias profiliert und aus der Landschaft herausarbeitet. Am Degollada de las Bujas ist es hingegen am späten Nachmittag am schönsten. Dann leuchtet das warme Licht der späten Sonne die sanft geschwungenen nördlich liegenden Berggipfel an, die der Atlantik harmonisch rund schliff, als Fuerteventura noch unter Wasser lag. Die warmen Erdtöne werden besonders intensiv, sich verändernde Schattenwürde hauchen der Landschaft Leben ein. Ein wahrlich grandioser und überraschend einsamer Ort.
Der Blick am Degollada de las Brujas nach Süden gerichtet, präsentiert den Gipfel des Montaña Cardón (694 m). Auf die halbe Höhe des Berges führt eine schöne kurze Wanderung zur Ermita el Tanquito (460 m) hinauf, eine Hirtenquelle, zu der alljährlich am Muttertag eine stimmungsvolle Prozession mit anschliessender Fiesta stattfindet. Vom Degollada de las Brujas geht es hinunter zur FV-605, über den der herrliche Aussichtspunkt Sicasumbre (447 m) aus Süden kommend angesteurt wird. Weiter nach Norden wird Ajuy, Pájara später Vega de Río Palmas, Betancuria und der Morro de Veloso o del Convento (676 m) erreicht. Eine besonders schöne Gegend von Fuerteventura, die sich am besten in einer Rundfahrt erkunden lässt! Dabei eröffnet sich Fuerteventura dem Besucher von einer ganz anderen Seite. Weniger der Ort, mehr die Landschaft, in die El Cardón eingebettet ist, ist das Sehenswerte. Und natürlich die klassische Landwirtschaft der Gavias zu beobachten, einen Blick darauf zu werfen, wo die angebotene Ware im Grünmarkt in Costa de Antigua oder im Biosphären Markt von Puerto del Rosario her kommt.
Geschichtlich ist über El Cardón nicht viel bekannt. Einer der typischen kleinen Inselorte, der aus Weilern am Zusammenfluss einiger Barrancos entstand und sich gut bewirtschaften liess. Alte Ermita gibt es auch keine, so wurde vom Klerus nichts weiter aufgezeichnet. Die Ermita, die den Ort heute schmückt, ist aus der neueren Zeit. Obwohl der Ort nur 130 Einwohner hat, wird zwei mal im Monat eine Messe gelesen. Ist Ort und Ermita noch so klein, die Seelsorger der Insel eilen eifrig in jedes Gotteshaus und zelebrieren dort für die Ansässigen eine Messe. Die Bevölkerung, auch die junge Generation, ist nach wie vor sehr gläubig, was den mitteleuropäischen Städter recht verwundern mag. Auch haben die Geistlichen nach wie vor eine enge Beziehung zur Bevölkerung, nehmen die Beichte ab und sind allerorts engagierte und angesehene Respektsperson.
Kulturhistorisch ist die Landwirtschaft von El Cardón für Geschichtsinteressierte sehenswert. Sie wird ident so betrieben, wie von den Ureinwohner eingeführt, die mit den Römern aus der Provinz Africa vor rund 2.000 Jahren auf die Insel übersetzten. Berber, die das System der Gavias und Wasser Rückhaltebecken aus der nordafrikanischen Landwirtschaft mitbrachten und 1:1 auf Fuerteventura anwendeten. Überall an den Hängen sind die treppenförmigen Gavias zu sehen, die mit 3 bis 4 % Neigung angelegt sind, damit das Wasser nach und nach von einem Feld ins nächste fliesst. Damit das auch bei Starken Regen nicht als reissender Fluss geschieht, der die Pflanzung wegschwemmt, sind in den Barrancos Staubecken errichtet. Wer durch die Landschaft wandert, wird sie überall finden. Auch weisen die Namen darauf hin, wie der Haupt-Barranco von El Cardón der "Barranco de los Tanques", der Wasserlauf der Tanks, oder die kleine, am Montaña Cardón (694 m) gelegene Kapelle die "Ermita el Tanquito" (460 m), die Kappele des kleinen Tanks. Wie im Spanischen üblich, hat das Wort "tanque" eine breite Bedeutung. Es muss nicht wie im Deutschen rein als "Tank" verstanden werden, kann auch Teich oder Zisterne bedeuten. Urlauber, die auf Fuerteventura in einer Bar eine "Halbe Bier" trinken wollen, bestellen "un tanque".
Touristen die etwas für Natur übrig haben, schöne Ausblicke und Landschaften, die es in kontinental Europa so nicht zu sehen gibt, geniessen wollen, sollten unbedingt der Gegend um El Cardón einen Besuch abstattet. Auch kulturhistorisch Interessierte sollten El Cardón, so klein und unscheinbar es auch wirken mag, nicht auslassen. In El Cardón wird dem Besucher in konzentrierter Form das Jahrhunderte alte System der Landwirtschaft von Fuerteventura in Betrieb gezeigt. Das System der Gavias, Wasserbecken, auch schöne alte Weiler sind in der Landschaft zu sehen. Ist gerade der Boden für die Bepflanzung aufgebrochen, lässt sich auch ein schöner und fotogener Blick auf den fruchtbaren Boden werfen.
Jeden letzten Samtag im Mai findet ab El Cardón ein "Volkslauf" statt. Informationen siehe hier.
Messen in der Iglesia de El Cardón:
Jeden 1. und 3. Freitag im Monat 20:00 Uhr.
Bei Infrastruktur muss El Cardón passen. Weder gibt es die übliche Dorf Bar noch einen Supermarkt. Lediglich ein Minimarkt stellt sicher, dass der Bewohner nicht verhungern oder verdursten kann. Die Öffnungszeiten sind jedoch sehr eingeschränkt.
Urlauber, die aus dem Norden kommen, z.B. aus Betancuria oder Pájara, biegen nach dem Aussichtspunkt Sicasumbre (447 m) von der FV-605 auf die FV-618 ab, die über den Pass Degollada de las Brujas (374 m) nach El Cardón führt. Der Abzweig kann nicht übersehen werden, da dort der Betreiber der Kartbahn, die nahe El Cardón liegt, wohl illegal ein grosses Schild "Karting" aufgestellt hat.
Aus La Lajita oder Costa Calma kommend, wird von der neuen FV-2 im Kreisverkehr von La Lajita beim Oasispark auf die FV-56 Richtung Nordwesten abgebogen. Diese wird nach einigen Kilometern linker Hand auf die FV-618 nach El Cardón verlassen. Der eifrige Kartbahn Betreiber hat wieder am Abzweig ein Schild "Karting" aufgestellt, denn seine Bahn wird 700 m nach dem Abzweig auf der FV-618 passiert.
Mit dem Bus ist El Cardón nicht zu erreichen. Sportler, die unweit im Las Playitas Ressort trainieren und sich im Trainingszentrum Triathlon fit machen, finden über El Cardón eine gute Radrunde ins Zentralmassiv.
Kurze Wanderung zur Ermita el Tanquito.
Unweit von El Cardón, kurz vor dem Pass Degollada de las Brujas (374 m), zweigt an einer alten Tomatenfarm ein Wanderweg zur Kapelle Ermita del Tanquito (460 m) ab. Der Weg hinauf ist leicht und nur zu anfangs ewas steiler. Ist die erste Geländekuppe erreicht, geht es landschaftlich sehr schön an der Westflanke des Montaña de Cardón (694 m) in angenehmen Auf und Ab weiter.
Von der Ermita del Tanquito hat der Wanderer einen herrlichen Ausblick über die Strände von La Pared, den Istmo de la Pared und bei klarem Wetter bis zu den Strände von Cofete. Bergerfahrene können von der Ermita das Plateau des Montaña de Cardón, den sogenannten "El Castillo", da er wie eine Festung aussieht, erreichen. Deutlich leichter wird über die Ostflanke aufgestiegen. Beide Varianten sind pfadlos. Eine Kletterei auf den Gipfel ist lebensgefährlich, da das Lavagestein extrem brüchig ist.
Für jene, die den Geruch heiss verbrannten Treibstoffs und einwenig Öl lieben, die finden, nach Angaben des Betreibers, die längste Karting Bahn Europas in der Nähe von El Cardón. Besonders an der Bahn ist das kopierte Gelände. Das garantiert Spass. Der Kurs ist ein permanantes, kurviges Auf und Ab.