Casa Luis ist echt kanarisch. Das merkt der Gast schon beim Betreten des Restaurants. Uriges Ambiente aber nicht erdrückend. Empfangen wird man von "Luis", dem engagierten und freundlichen Eigentümer, der das was er macht, gerne tut, wie zweifelsfrei zu merken ist. Der nicht spanisch sprechende und Spanien unerfahrene Gast stösst dann auf ein Problem, das mit Händen und Füssen und Wörtern unterschiedlichster Sprachen gelöst wird: Es gibt keine Speisekarte. Im ländlichen Bereich in Spanien ist es in traditionellen Betrieben üblich, das Essen mit dem Chef zu besprechen. Der sagt, was er alles hat und der Gast sagt an was, wie und wieviel er davon gerne hätte und lässt sich dann den Tisch vollstellen. Spanier essen hemmungslos und für ihr Leben gerne. Laut Eurostat geben sie dreimal soviel für Restaurantbesuche aus wie der Bundesbürger. Spanier bestellen sich auch ungerne einen Teller. Sie lieben es variantenreich in vielen Gängen. Da essen auch wichtiges soziales Ereignis ist, sind die Speisen am Tisch auch für alle bestimmt. Niemand bewacht argwöhnisch seinen Teller. Es kann ja nachbestellt werden. Da auch der Magen eines Canarios eine beschränkte wenn auch enorme Aufnahmekapazität hat, kann klassisch spanisch alles als "racíon", also Portion, oder als "plato", als Teller, bestellt werden. Ein "plato" ist ein voller Teller, kanarisch voll, eine "racíon" die Hälfte und kostet auch genau die Hälfte. Meist reicht das völlig aus.
Gekocht wird in der Casa Luis sehr geschmackvoll mit viel Olivenöl. Inseltypisch natürlich auch viel von der Ziege und auch wer die nicht so schätzt, könnte eine "racíon" probieren und ist vielleicht überrascht. Wer in der Casa Luis vor hat essen zu gehen, sollte zwei Gänge herunter schalten. Es geht kanarisch zu. Bis das Essen an einem Tisch ausgemacht ist, kann es dauern. Es wird in der Gruppe mit dem Chef genau besprochen. Der Canario plant nicht. Bis Luis kommt hat er keine Idee, was er essen wird. Das dauert. Wer warten muss, nicht aufregen, Luis hat dann entsprechend viel Zeit für den nächsten Gast. Und ohnedies, ein gutes Essen zieht sich bei einem Canario über eine ausgedehnte Zeitspanne. Immerhin wird abseits der Touristenorte ganz normal die Siesta eingehalten: 13:30 bis 17:00. Erst steht ein umfangreiches Essen an, dann wird eine Stunde geschlafen. Vielleicht haben daher Spanier die höchste Lebenserwartung in der gesamten EU. Am besonders gesunden Lebensstil kann es nicht liegen, wohl eher an der Entspanntheit. Wer das alles einmal miterleben will, der sollte die Casa Luis besuchen. Und entsprechend Zeit einplanen und geniessen.