Cervecería 100 Montaditos – sevillanische Gustostücke in Puerto del Rosario.

► Cervecería 100 Montaditos ist ein interessantes spanisches Unternehmen – das ist seine Geschichte. ►►

Imbiss auf Spanisch – bocadillo, tapa, ración, pincho und montadito.

► Jeder Spanien Urlauber weiss, was ein bocadillo ist: Ein kleines Baguette, das klassisch mit Schinken, york oder iberico, chorizo oder tortilla española gefüllt ist. Auch tapas sind bekannt, die kleinen Köstlichkeiten, die traditionell nur zu alkoholischen Getränken am Nachmittag serviert werden. Es gibt viele Theorien, warum diese Häppchen tapas genannt werden. Wahrscheinlich kommt die Bezeichnung daher, da es in andalusischen Bars üblich war, auf ein kleines Bier, ein caña, einen Deckel, tapa, zu legen, um Fliegen fern zu halten. Als Aufmerksamkeit wurde auf den Deckel eine Kleinigkeit wie eine Olive, aceituna, gelegt, die auch raffiniert gefüllt sein konnte. Dieser Brauch verfeinerte sich immer mehr und es entstanden Tapas Bars, in denen der Spanier am Nachmittag schnell ein Häppchen essen geht. Zu Abend essen dort aber nur Touristen. Das käme für einen Andalusier gar nicht in Frage.


Da für alle Spanier, ob Cantábrico, Asturiano oder Valenciano, gut Essen und Trinken im Leben eine äusserst bedeutende Rolle spielen, gibt es aber noch mehr Möglichkeiten, einen Imbiss, beispielsweise in einer chrinquito oder den städtischen Märkten, zu nehmen, damit der Magen vor dem grossen Abendessen, dem cenar, auch etwas zu tun hat. Ist der Hunger nachmittags etwas grösser, kann von einer kleinen Köstlichkeit auch eine ración, eine Portion bestellt werden. Das ist dann ein kleiner Teller voll. In städtischen Märkten werden gerne pinchos angeboten, pincho von Stachel oder Dorn. In der Gastronomie ist pincho das Synonym für Snack, der klassisch auf einen Zahnstocher aufgespiesst ist, um ihn z.B. aus einer Tüte essen zu können. Keinesfalls ist der Sevillano aber seine pinchos im Gehen. Das gilt als absolut niveaulos. Zum Essen setzt man sich und geniesst, am besten in einer Runde. Aber was sind nun montaditos?

Montaditos, noch nie gehört – das muss sich ändern!

Die Bezeichnung montaditos hat ihren Ursprung im Verb montar. Das kann einiges bedeuten wie reiten, aufsatteln, montieren, aufbauen etc. Der Spanier fährt auch nicht Fahrrad, er reitet es: Estoy montando mi bici. Die Endung ito wird  u.a. zur Verkleinerung verwendet, wie cabra, die Ziege und cabrito, das Zicklein. Montadito steht im Kern also für etwas kleines zusammen-, aufgebautes und wird in der Gastronomie für kleine Brötchen verwendet, die oft sehr kunstvoll belegt sind. Ein montadito ist also die spanische Version des canapé, aber beide haben nichts mit dem Sandwich oder den Cocktail Häppchen zu tun. Letztere sind eher den tapas zuzuordnen. In Ländern mit ansprechender Ess- und Trinkkultur, ist es eben komplex.


Montaditos werden meist in einer Glasvitrine in Bars angeboten. Der Kunde sucht sich aus dem teils sehr variantenreichen Angebot einige der Brötchen aus, die ihm dann auf einem kleinen Teller zum Getränk serviert werden. Wird die Bar in einer Gruppe besucht, übernimmt eine Person diese Aufgabe und lässt einen grossen Teller zusammen stellen. Spanier bezahlen in der Gruppe nie getrennt. Das gilt als kleinlich, tacaño. In spanischen Bars, die sich nicht an Touristen orientieren, ist es üblich, dass es für jedes Brötchen einen Einheitspreis gibt, der abseits angesagter Meilen einen Euro beträgt und dass schon seit Einführung des Euro. Beim montadito, caña und dem café con leche oder café solo, scheint die Inflation in Spanien nicht zu existieren.

Cervecería 100 Montaditos – es begann an den Stränden der Provinz Huelva.

► Cervecería 100 Montaditos ist ein Unternehmen mit interessanter Geschichte. Gegründet wurde es vom Sevillano Jose María Capitán. Capitán, ein vielversprechender Name, ist ein Sevillano wie er im Buche steht. Die Bürger der Stadt gelten als die am elegantest und formelst gekleideten Spanier. Obwohl Sevilla die heisseste Stadt Spaniens ist, in der im Sommer die mittlere (!) Tagestemperatur bei 36 Grad liegt und auch im Oktober das Thermometer noch auf über 40 Grad klettern kann, trägt Frau bei jeder Temperatur im Geschäftsleben, oder wenn sie am städtischen Leben Teil nimmt, Kostüm, der Herr Anzug samt Krawatte. Herren tragen dazu einen sehr gepflegten Vollbart. Und genau so muss man sich Jose María Capitán vorstellen. Auch sehr schlank, denn im Gegensatz zu Cantábricos, wird in Sevilla auf eine schlanke, aufrechte Figur geachtet. Jose tritt öffentlich wenig in Erscheinung. Das ist ebenso sehr Sevillano. Dezent von besonderer Höflichkeit ist der Stil der Stadt. Anderes Verhalten gilt als vulgär. Man ist stolz auf seine Geschichte und lebt sie fort. Capitán wurde 2020 zur Nummer drei der 25 einflussreichsten Unternehmer Andalusiens gewählt (s.u.).


Jose eröffnete 2000 seine erste Cervecería 100 Montaditos, aber das nicht in Sevilla. Es sollte der Strand Islantilla werden, den kaum ein mitteleuropäischer Tourist kennen wird. Von der portugiesischen Grenze über die Isla Cristina bis hinunter zum Punta Umbría und dem Odiel Delta, zieht sich eine knapp 50  Kilometer lange wunderbare Küstenlinie geprägt von Sandstränden und Dünen. Es ist die Küste der Provinz Huelva. Sie ist fest in der Hand spanischer Touristen und wohlhabender Bürger aus Huelva, Sevilla und Faro. Schon Briten liebten diese weiten Sandstrände und Dünenlandschaft und bauten sich in jener Zeit, als sie den Bergbau in der Region des Río Tinto kontrollierten, besonders am Punta Umbría ihre Strandvillen. Aus der Bergbauregion, die im Dreieck Aracena, Sevilla und Huelva zu verorten ist, führte eine britische Bahnlinie nach Huelva, vornehmlich zum Transport der Erze. Mit ihr war komfortabel Huelva zu erreichen und dann mit dem Boot über den Odiel schnell die Strände am Punta Umbría. Auf Grund des vergangenen Reichtums der Region, finden sich Bauwerke, die dort nicht vermutet würden: In Aracena ein grosses, neoklassizistisches Casino (s.u.), im Delta der Isla Cristina ein architektonisch monumentaler Leuchtturm (s.u.) und am Punta Umbría Strandvillen (s.u.), die nun gastronomisch genutzt werden. Und genau diese Ecke, suchte sich Jose aus, den Strand Islantilla, der recht genau zwischen Isla Cristina und Punta Umbría liegt.

Cervecería 100 Montaditos – einwenig Retro im Stile einer andalusischen Taverne.

► Jose María Capitán eröffnete nicht nur ein Lokal, sondern startete mit einem klaren Konzept, das er neorestauración nannte, denn er hatte mehr vor. Sein erstes Lokal am Strand Islantilla kann als Prototyp und Markttest gesehen werden. Sein Konzept der neorestauración steht auf vier Säulen: Qualität, Selbstbedienung, thematische Ausstattung des Lokals und concepto eurista. Letzteres bedeutet, dass der Preis der kleinen montaditos pro Stück bei einem Euro liegen soll. Bestellt wird mit einem Zettel, auf dem die 100 montaditos, nun auch raciones und mehr, gelistet sind. Die gewünschte Menge wird eingetragen, an der Kasse abgegeben und bezahlt. Danach wird alles in der Küche frisch zubereitet und wenn der erhaltene Summer anschlägt, wird das Tablett mit dem Bestellten an der Küchenbar abgeholt. Wer nun Appetit bekommt, könnte auf der Website (s.u.) nachsehen, was es so alles gibt und wie das aussieht. Die Lokale im standardisierten Design, zeichnen das Ambiente andalusischer Tavernen des späten 19. Jahrhunderts nach. Historische schwarzweiss Photographien schmücken die Wände, Zeitdokumente dieser Epoche. Es sind Szenen aus dem historischen Cádiz, überraschend, denn Sevilla oder Huelva würde eher in Frage kommen. Cádiz als kulturhistorisches Juwel, ist aber jedenfalls eine gute Wahl, wenn auch für einen Sevillano recht überraschend. Gegründet von den Phöniziern und durch die Römer zur vollen Blühte entwickelt, ist Cádiz die älteste erhaltene Stadt Europas. Sie zu erkunden, sollte für jeden Spanienliebhaber Pflicht sein.

Von Cervecería 100 Montaditos zur Grupo Restalia – eine rein spanische Expansion.

► Das Konzept von Jose ging auf. Mittlerweile existieren über 350 Franchise Lokale in Europa und The Americas mit rund 3 tsd. Mitarbeitern. In Europa ist die Kette in Spanien, Portugal und Italien vertreten, in Übersee Mexiko, Guatemala, Portugal, Kolumbien, Costa Rica, Chile und auch den USA. Nach dem erfolgreichen Start von Cervecería 100 Montaditos im Jahre 2000, die auch heute noch als Sociedad Limitada Unipersonal (SLU) firmiert (spanische GmbH, bei der das Kapital in der Hand einer einzigen Person liegt), wurde 2004 die Grupo Restalia in Form einer Sociedad Limitada gegründet, um als Holding zu agieren. Aus ihr gingen weitere 5 Marken hervor. Die erfolgreichsten sind die Cervecería La Sureña und TGB – The Good Burger, sowie weniger bedeutend Jarras y Tapas, PEPETACO und PANTHER Juice & Sandwich Market. Die Grupo Restalia hat ihren Hauptsitz in Madrid, sowie regionale Headquarters in Rom und Miami. Unter dem Dach der Grupo Restalia, werden aktuell ca. 700 Lokale  im Franchise geführt. Das Forbes Magazin rankt die Grupo Restalia zu den Big Four der spanischen Systemgastronomie. Restalia ist die einzige Gruppe unter diesen vier, die bis heute 100% in spanischem Eigentum steht und alle Begehrlichkeiten ausländischer Investoren bisher strikt ablehnte. Sevillanos gelten zusammen mit den Asturianos als besonders stolze Spanier. Damit ist Restalia das grösste multinationale spanische Unternehmen der Systemgastronomie. Im Hotel und Resort Bereich könnte als Pendant die mallorquinische Grupo Berceló, gegründet von Simón Barceló, genannt werden. Die Marken der Grupo Restalia expandieren stetig weiter. Wer Interesse an einem Franchising hat, findet z.B. auf der Website der Cervecería 100 Montadito einen Menüpunkt, um sich zu bewerben bzw. auf jeder der Speisekarten einen QR Code dafür.

Cervecería 100 Montaditos nun auch in Puerto del Rosario – einfach mal ausprobieren.

► Cien Montaditos, cien kurz für Einhundert, wie man in Spanien zum Lokal sagt, ist seit 2024 nun auch auf Fuerteventura vertreten. Ohne grosses Aufsehen, Werbung oder ähnlichem, öffnete das Lokal im Shopping Center Las Rotondas in der Hauptstadt Puerto del Rosario (s.u.). Es liegt im oberen Stockwerk neben dem Burger King. Wer sollte bei der Cervecería 100 Montaditos vorbeischaun? Jene beispielsweise, die gerne üppig frühstücken, für die es die wichtigste Mahlzeit des Tages ist, weil sie vielleicht mittags nichts essen. Sie sind bei 100 Montaditos genau richtig. Das Frühstück ist frisch, üppig, schmeckt gut und ist sehr preiswert. Ein solider Tipp sind die Eier mit Schinken und gebratenen Kartoffeln serviert in der schweren Gusseisen Pfanne, mit frisch gepresstem Orangensaft und café con leche. Der Preis ist infernal niedrig, die zugeführten Kalorien exorbitant.


Nicht zu vergessen ist auch, dass 100 Montaditos eine cervecería ist und immer eine solide Auswahl an spanischen Qualitätsbieren wie Estrella Galcia bereit hält, die in geeisten Gläsern ausgeschenkt werden. Wer Nach einem aktiven Tag am späteren Nachmittag einige Kleinigkeiten mit eiskaltem Bier geniessen will, der ist bei 100 Montaditos auch gut aufgehoben. 100 Montaditos wirbt auch mit sin siesta, hält also während des andalusischen Kulturgutes der Siesta offen und bietet in dieser Zeit dos jarras heladas für € 4,00. Ein jarra helada ist ein geeister 0,5 Liter Bierkrug. Wer noch € 1,00 übrig hat und den dazu legt, bekommt zwei aufwändige montaditos de la casa plus Kartoffelchips dazu. Ab und zu darf das alles ein. Und nicht vergessen, die Mitarbeiter an der Kasse freuen sich auch über ein propina, einwenig Kleingeld, das in die bote, die Trinkgeldkasse geworfen wird. Wer gerne vormittags erstklassigen Café aus der klassischen Siebträgermaschine geniesst und dazu schnelles Internet sucht, der ist ebenso in jeder Cervecería 100 Montaditos richtig. Es ist eben das Konzept der südspanischen tabernas, die sich über den Tag vom Frühstücks Café hin zum Bierlokal entwickeln, da sie meist das einzige Lokal im Ort sind. Es wird früh auf- und spät gesperrt. Die Cervecería 100 Montaditos im Shopping Center Las Rotondas in Puerto del Rosario ist jedenfalls einen Besuch wert. Am besten einfach mal probieren.

!Al final, como siempre: no promoción!

► Und wie immer: Keine Werbung, keine Promotion, keine Zuwendungen oder Abmachungen welcher Art auch immer von und mit Dritten, insbesondere auch nicht mit Grupo Barceló, Cervecería 100 Montaditos, Grupo Restalia oder Jose María Capitán persönlich. Sunnyfuerte empfiehlt was es mag und verreisst erbarmungslos was es nicht mag. Sunnyfuerte ist ein Leuchtturm, der aus dem Nebel des Mainstreams ragt, ein Monument der Ratio, der aus eigener Kraft und ohne Interferenzen strahlt.

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